Am 10. November hat das Ballett „Krabat“ im Düsseldorfer Opernhaus Premiere. Nach dem bekannten Jugendroman von Otfried Preußler aus dem Jahr 1971 hatte Demis Volpi bereits 2013 in Stuttgart eine abendfüllende Choreographie geschaffen, die sehr erfolgreich aufgeführt worden ist.
Für seine Düsseldorfer Compagnie bringt Demis Volpi den „Krabat“ nun erneut auf die Bühne. Gerade in der kommenden Vorweihnachts- und Weihnachtszeit werden die Aufführungen sicherlich ebenso schnell ausverkauft sein wie im letzten Jahr der „Nussknacker“.
Das Libretto von „Krabat“ schrieb Vivien Arnold. Die Musikstücke stammen von Pēteris Vasks, Philip Glass und Krzysztof Penderecki. Originaltöne aus einer Mühle wurden aufgezeichnet und in die Musiken integriert.
Die Kostüme schuf Katharina Schlipf, deren fantasievolle Ausstattung bereits den „Nussknacker“ ausgezeichnet hat.
„Krabat“ ist nicht nur ein erfolgreiches Jugendbuch, sondern fand schon eine Reihe von Bearbeitungen als Schauspiel, Oper, Rockoper und natürlich als Film, der 2008 in die Kinos kam.
Die Geschichte, die Otfried Preußler nach einer sorbischen Sage gestaltet hat, handelt – so hat es der Autor gesagt – nicht nur von ihm und seiner Generation (Preußler war Jahrgang 1923 und erlebte den 2. Weltkrieg als junger Soldat an der Ostfront), sondern auch „von allen jungen Leuten, die mit der Macht und ihren Verlockungen in Berührung kommen und sich darin verstricken“.
Der Inhalt der Geschichte wird in der Ankündigung der Oper am Rhein wie folgt zusammengefasst:
„Als der Waisenjunge Krabat die Mühle im Koselbruch das erste Mal betritt, ahnt er noch nicht, welche Geheimnisse hier vom mysteriösen Müllermeister gehütet werden. Die zwölf Lehrjungen, die dort unter knarzenden Balken Mehlsäcke stapeln, werden nämlich nicht nur in irdischem Handwerk, sondern auch in der Kunst der schwarzen Magie unterrichtet. Krabat findet hier schnell Anschluss, doch etwas stimmt nicht: Jahr um Jahr stirbt einer der Mühlknappen auf ungeklärte Art und Weise. Die Kraft des Meisters, der sich bösen Kräften verschrieben hat, fordert ihren Tribut, um nicht geschwächt zu werden.
Der einzige Ausweg ist die Liebe eines Mädchens zu einem der Lehrjungen. Kein Wunder, dass Kantorka, die Krabat immer wieder heimlich im Wald trifft, Hoffnung auf ein Ende der teuflischen Machenschaften des Meisters weckt. Doch wird Krabat bereit sein, seine Liebe in Gefahr zu bringen?“
Am 19. Oktober hatten die Ballettfreunde wieder einmal die exklusive Gelegenheit, an einer Arbeitsprobe der Compagnie teilzuhaben. Geprobt wurden vom Leitenden Ballettmeister Damiano Pettenella zwei zentrale Szenen aus „Krabat“.
Der Meister (Damián Torío) wird vom Zauberer Pumphutt (getanzt von Marta Andreitsiv) herausgefordert. Es entwickelt sich ein spannender, actionreicher Kampf, in dessen Verlauf die Kämpfenden sich mehrfach verwandeln, was in der Choreographie durch einen blitzschnellen Kostümwechsel dargestellt wird.
Die zweite Szene steht am Ende des Stücks: Krabat (Miquel Martínez Pedro) und die Kantorka (Emilia Peredo Aguirre) finden nach dem Tod des Meisters zueinander. Der böse Zauber ist gebrochen, die Mühlenknappen sind frei.
Nach der Arbeitsprobe sprach Dramaturgin Julia Schinke mit Katharina Schlipf, die ausführlich ihre Zusammenarbeit mit Demis Volpi vor zehn Jahren in Stuttgart und ihre seinerzeitige Arbeit für die Entwicklung der Kostüme und des Bühnenbilds erläuterte.
Katharina Schlipf zum Bühnenbild:
„Wie stellt man eine Mühle dar, wenn man sie nicht aus Holz mit Ratten und Instrumenten darstellen möchte? Wir haben damals eine Mühlentour gemacht und viele Mühlen angeschaut, unter anderem die Meuschenmühle, die heute noch in Betrieb ist. Dort liegen ganz viele alte Mehlsäcke. Ich habe davon viele Fotos gemacht und letztlich ist das ganze Bühnenbild aufgebaut aus 1.500 Mehlsäcken, die gleichzeitig die Mühle, aber auch eine gewisse Art von Gefängnis darstellen. Damit konnten wir letztendlich unsere Geschichte darstellen: Die Mühle als Option mit all ihrer Magie. Die Mühle als Gefängnis. Die Mühle als Sinnbild dafür, dass viele Menschen sterben müssen für die Art von Machtstruktur, die der Meister und der Herr Gevatter ausüben. Jeder Tote verschwindet in einem Sack. Jeder Tote ist letztlich ein weiterer Sack, aus dem diese Mühle aufgebaut ist.“
Die 1.500 Mehlsäcke sind aus Stuttgart nach Düsseldorf transportiert worden und mussten hier also nicht erneut hergestellt werden.
Besondere Herausforderungen waren die mehrfachen Verwandlungen des Meisters und des Zauberer Pumphutt bei ihrem Kampf und die magische Verwandlung der Mühlenknappen in Raben.
Die Tänzerin des Zauberers Pumphutt trägt ein sog. Trickkostüm, wie man es ansonsten beim Varieté benutzt.
Katharina Schlipf:
„Die Balletttänzerin wird einige Kilos an Kostümstoff zu schleppen haben. Das heißt, wir haben ein Kostüm, das geschichtet vier Kostüme beinhaltet. Die Figur verwandelt sich vom Punk in einen Samurai, vom Samurai in einen Cowboy und dann in einen Piraten. Das, was Otfried Preußler als Hahnenkampf bezeichnet, als Tiere, die gegeneinander kämpfen, haben wir als Kinderidolfiguren skizziert. Es ist wirklich eine der schönsten Szenen, die wir zusammen erarbeitet haben. Es ist für alle spannend zu sehen, wie dieser Kampf stattfindet und auch mit welcher Magie und mit welchen extrem tänzerischen Leistungen.“
Zur Szene der Verwandlung der Mühlenknappen in Raben verriet Katharina Schlipf:
„Es hat wirklich ein halbes Jahr gedauert, bis wir den Prototypen des Raben optimiert hatten, der dann auf der Bühne zu sehen ist. Die Raben haben eine Spannweite von 3,40 Meter. Wenn Sie in der ersten oder zweiten Reihe sitzen, spüren Sie den Wind der Raben. Es ist eine Extremleistung der Tänzer und der Ankleider, die links und rechts neben dem Bühnenbild stehen und die Quick-Changes mit verantworten. Wir sprechen von Sekunden.
Wir haben verschiedenste Materialien für die Flügel getestet. Es sind pro Flügel rund 150 realistische Federn, d.h. Schwanen- und Putenkiele. Es sind von Hand unzählige Kunstfedern eingearbeitet. Allein hier in Düsseldorf sind die Werkstätten seit einem halben Jahr bei der Arbeit. Alle Kostüme müssen wir hier neu fertigen. Tänzer sind Hochleistungssportler. Jeder braucht sein eigenes Kostüm, das bedeutet, dass wir jedes Kostüm für jeden Tänzer, für jede Zweit-, Dritt-, Viert- und Fünftbesetzung herstellen müssen.
Wir hoffen, dass der Abend magisch über die Bühne gehen wird.“
Eine Ballettwerkstatt zu „Krabat“ gibt es im Opernhaus am Freitag, den 4. November um 18 Uhr.
Am 5. November gibt es im Foyer des Opernhauses um 10 Uhr eine Familienballettwerkstatt.
Nach der Premiere am 10. November wird „Krabat“ in diesem Jahr noch zu folgenden Terminen aufgeführt:
13.11., 19.11., 2.12., 11.12., 16.12., 18.12., 19.12., 25.12., 28.12. und 30.12.
Text: Axel Weiss; Fotos: Renate Weber-Zangrandi; Privat (2)