Die nächste Ballettreise findet im Mai 2023 statt

Auf dem Sprung nach Stuttgart

John Cranko, der legendäre Choreograph, hat von Shakespears Komödie „The Taming of the Shrew“ (wahrscheinlich aus dem Jahr 1592) eine Ballettfassung geschaffen. Sie gilt als erste Ballettkomödie des 20. Jahrhundert. Die Premiere fand im März 1969 im Großen Haus des Württembergischen Staatstheaters in Stuttgart statt. Unter den Solisten der Aufführung findet sich auch der Name John Neumeier, den es im gleichen Jahr als Ballettdirektor nach Frankfurt zog.

John Cranko hat sein Werk dem Stuttgarter Intendanten Walter Erich Schäfer gewidmet, der wohl Cranko auf die Idee gebracht hatte, aus den Klaviersonaten von Scarlatti ein Ballett zu choreographieren.
Die Choreographie soll auch für das Tanzpaar Marcia Haydée und Richard Cragun geschaffen worden sein, das in der Erstaufführung die Hauptrollen tanzte.

Von John Cranko stammt nicht nur die Choreographie, sondern auch das Libretto. Die Musik schrieb Kurt Heinz Stolze nach den Motiven von Scarlatti.

Das Stuttgarter Ballett schreibt zu der Wiederaufnahme des Stücks in der Spielzeit 2022/2023:
„Die Ballettkomödie gilt als schwierigstes Fach überhaupt und es gibt nur wenige wirklich witzige Tanzstücke. ‚Der Widerspenstigen Zähmung‘ gehört zweifelsohne dazu. John Cranko hat eine vor Vitalität strotzende Choreographie geschaffen, bei der das Corps de ballet schwungvoll über die Bühne fegt und die virtuosen Pas de deux zwischen hitzigem Gefecht und romantischem Rendezvous wechseln. Mit einer Prise Slapstick versehen bringt diese einmalige Ballettkomödie Tanzfans wie NeuentdeckerInnen, Kinder und ihre Großeltern zum Lachen.
Bevor die hübsche Bianca heiraten darf, soll zuerst ihre kratzbürstige Schwester Katharina vor den Traualtar treten. Der Draufgänger Petrucchio nimmt sich der Widerspenstigen an und erkennt, dass unter der Oberflache eine sensible, aber auch starke Frau zum Vorschein kommt. Er wiederum kann bei ihr seine großspurige Maske ablegen. So wird aus einem zunächst stürmischen Kampf letztlich eine harmonische Partnerschaft. John Cranko verwandelte die Shakespeare’sche Komödie in ein spritziges Ballett, das sich auf das allgemein Menschliche fokussiert: Erst als die beiden Vertrauen zueinander fassen, können sie ihr wahres Wesen offenbaren und sich auf Augenhöhe begegnen.“

Boris Michael Gruhl schreibt über die Wiederaufnahme des Stücks in Stuttgart:
„Die originale Ausstattung von Elisabeth Dalton ist von beeindruckender optischer Wirkung. Die Musik ist natürlich in der Bearbeitung dem Geist der Zeit ihrer Entstehung verpflichtet, klingt aber eben auch in Dimensionen des Klanges hervor, die zwar nicht bis zu den Zeiten Shakespeares, aber doch über 300 Jahre in die Vergangenheit reichen. Und was da der Tanz in diesem Ballett möglich macht, das ist von zeitübergreifendem Atem, im tänzerischen und musikalischen Zusammenklang der Energie zwischen Widerspruch und Zuspruch. Das Ballett macht es möglich, den Spaß auf die Spitze zu treiben, und somit stellen die Stuttgarter mal wieder unter Beweis: diese Kompanie ist ein Ballett der Spitzenklasse.“
(Zitiert nach tanznetz.de vom 11.05.2022)

Nicht nur wegen der Wiederaufführung des Cranko-Balletts wird sich die Reise nach Stuttgart lohnen.

Text: Axel Weiss; Fotos: Stuttgarter Ballett