07. – 09. April 2017
Die aufgehende Romantik rettete die Burg, die in ihrer morbiden, von Blattwerk umrankten Gestalt das Herz der Romantiker auflodern ließ und mit Heidelberg ihr Sehnsuchtsort wurde. Dieses Wochenende auch der Sehnsuchtsort der Düsseldorfer Ballettfreunde.
Ein verschlafenes guten Morgen, Bussi, Bussi und rein in den Bus. Gespräche entschlummern, oder plätschern nahtlos weiter wie ein geschwätziger Bach. Schon sitzen wir in Heidelbergs „Güldenem Schaf“ bei einem schmackhaften Essen mit süffigem Schoppen. Jetzt aber ab ins Hotel, anhübschen und flott ins Ballett.
Begrüßung durch das Company Management Thomas Guggi und die charmante Leiterin der Tanz-Companie Nanine Linning. Nach Canapés und Sekt, spannungsgeladen weiter ins Foyer, wo uns ein sich zu Sphärenklängen wiegendwindender zarter Vogel in üppigstem Federkleid empfängt.
Vorhang auf, ein Blitzlichtertönestakkato empfängt uns mit sich schemenhaft windenden Gestalten und zwingt uns in seinen Bann. Äther-Wirrwarr, ein Rausch von Bewegung, Kostümen, Musik, der sich ordnend in getanzte Wasser-, Luft-, Erde-, Feuer-Sequenzen auflöst, alle Sinne einfangend und fokussierend … Anders, aber gelungen. Das Innere bebt nach, wird jedoch auf der Bühne von lebenden Sektkronleuchtern mit einem guten Schluck Khora-Sekt beruhigt. Was für ein Erlebnis!
Strahlender Morgen, rauf zur Schloss-Ruine, fußläufig, oder per Bahn. Die Schlossfassade schaut uns aus leeren Augenhöhlen an. Ein beeindruckendes Ensemble ehemaliger Macht.
Flott hinab und fremdgeführt durch die alten Gassen, Plätze, Kirchen, Bürgerhäuser. Aus manchen Ecken scheint Spitzweg zu grüßen. Imbiss im Theater, dann auf verworrenen Wegen durch das Haus. Werkstätten, Proberäume, Ballettprobe mit Fr. Linning und ihrer unkonventionellen Herangehensweise: 1. Thema, 2. Choreografie und dann findet sich die Musik dazu. Ein offenes Haus, der Bürger kann durch hohe Fenster den Arbeiten zusehen, wunderbar.
Aber schon wird es wieder Zeit. Francis Bacon, der kontrovers diskutierte Maler, der in seinen Bildern die schwarze Seite der Seele offenbart. Stoff für ein Ballett? Die Türen öffnen sich und geben den Blick frei auf kopfuntershängendsichwindende Körper. Kriechende Kreaturen, egomanische Zombies, narzisstische Affen, greifen an. Körper bäumen sich umschlingend auf, stoßen sich ab. Diese Szenen halten einen in diesem Kubus der Gewalt gefangen, man glaubt sich in Dantes Inferno, im 7. oder 8. Kreis der Hölle.
Der Vorhang fällt Körper und Geist beben nach, kommen wieder zur Besinnung. Jedoch Begegnungen, die die Seele berühren hinterlassen Spuren, die nie ganz verwehen. Man geht berührt, aber nicht beschwingt, ins Güldene Schaf, taucht ein in einen köstlichen Abend der kulinarischen Genüsse und unbeschwerten Gespräche. Gesprächsfetzen flitzen wie Flipperkugeln, Vámos, van Manen, Schläpfer, Linning, Peter und der Wolf im ROM … Der Raum verwandelt sich in einen stetig lauter summenden Bienenkorb – Crescendo … molto furioso - und entlässt einen dann tiefenentspannt in die Federn.
Schwetzingen, Schloss, Hofoper. Der Garten ein Wunderwerk der Gartenkunst, Barock dem Fürsten huldigend, dann wieder englisch der Aufklärung entsprechend. Geschaffen von Karl Theodor, friedliebend, kriegsvermeidend, der Aufklärung offen. Er begründete mit Carl Stamitz das beste Orchester der damaligen Zeit, der Beginn der Mannheimer Schule, lt. Johann Christian Bach: „vor Mannheim war alles ein Gekrächzte und Getöne.“
Wir sitzen im Bus, ab und zu ein schüchterner Schnarchton. Eindrücke revuepassieren und auf der „Zunge zergehen lassen“, Ruhe.
Eva und Oliver boten uns ein außergewöhnliches Wochenende, wir hatten Gelegenheit neue Ufer zu betreten, unsere Grenzen als Ballettbesucher auszuloten, jeder für sich, jeder auf seine Weise. Vielen herzlichen Dank für die professionelle Planung und die liebevollpersönlichfreundliche Betreuung an Eva und Oliver. Wir freuen uns jetzt schon auf die nächste Reise.
Verfasst von Eva & Rudolf Pospischil