Stuttgart, die Stadt am Neckar, eingebettet in Weinberge, Stadt der Hügel, Stäffele, Kehrwoche, der Mundart-Kabarettisten mit ihren Liedern und natürlich der Luxusautobauer. Schön, der Menschenschlag, der Wein, die Küche, die Stadt.
Freitag, 05. Mai
Nun aber schnell Konzentration auf das illustre Ballett-Freunde-Völkchen, dass sich ratschenderweise um Eva und Oliver vor dem „dm“ am Hbf Düsseldorf drängt, um schnell vom schönen Düsseldorf ins schöne Stuttgart, per fast pünktlichem ICE, zu gleiten.
Kleines Gedränge bis jeder seinen Platz hat, gedämpftes Morgengeplappere unter bettsehnsüchtigen Augen. Zug-Frühstück auch mit selbstgeschmierten Bütterchen. Schönheitsschlaf, oder interessanter, in Evas und Olivers perfekte Reiseunterlagen hineinschnuppern.
Bei Sonnenschein fahren wir in die Stuttgarter Hauptbahnhofmilliardenbaustelle ein und unternehmen eine ausgiebige Bahnhofswanderung zur S-Bahn. Maritim Hotel, freundlicher Empfang in der chrom- und maromorbestückten Lobby und Gepäck in die noch verwaiste Bar. Schon spazieren wir durch den morbide Ruhe ausstrahlenden alten Friedhof, weiter in den mit blühenden Bäumen geschmückten Park, 4-Beiner mit der Schnauze tief in der Wiese, schnüffelnd „Hundezeitung“ lesend, die angeleinten 2-Beiner geduldig wartend. Lautenschlager, schwäbische Küchengastlichkeit, lässt den Gesprächspegel gemütlich lauter werden. Schnelle Bedienung, da jeder sein Essensbildchen am Platz hat, perfekte Organisation unserer Reiseleitung und bald kehrt genüssliche Essensruhe ein.
Kurzer Weg zum Schloßplatz, eine in Luxuslabel gehüllte Alterslosblonde erklärt uns Stuttgart. Das neue Schloss nach der kompletten Zerstörung im 2. Weltkrieg wieder originalgetreu aufgebaut, die Friedenssäule für 25 Jahre kriegerlose Zeit in Baden-Württemberg. Der Schlosspark mit dem Eckensee, eingerahmt vom neuen Schloss, dem Landtag, der Oper und dem Staatstheater, ein schönes Ensemble. Das Alte Schloss, ehemals Wasserschloss, mit dem prächtigen Renaissance-Innenhof, die Stiftskirche ehemals katholisch, dann jeglichen Innenschmucks beraubt und evangelisch. Der untere Teil des Südturms stellt das einzige erhaltene bauliche Zeugnis der Stauferzeit in Stuttgart dar. Mit ihren beiden ungleichen Türmen ist sie eines der Wahrzeichen der Stadt. Sie gilt zudem als sakrales Zentrum und Hauptkirche des protestantischen Württembergs. Details kann man dann wunderbar unseren großartigen Reiseunterlagen entnehmen. Dann zum Bus und kurze Rundfahrt via diverser Aussichtspunkte, u.a. einmal rund um den Fernsehturm, der erste in DE von 1955, und zurück zum Charlottenplatz. Check-in im Hotel, Pause oder Zeitvertreib je nach Gusto.
Es dunkelt ein und aus den trüben Wolken fallen Regentropfen, macht nix, mit der Bahn zu einem schönen Aussichtspunkt. Herrlicher Blick über Stuttgart, trotz Trübwetter. Dann via Stäffele vieltreppig runter zur John-Cranko Schule und schon lacht uns der Schwabengasthof „Zum Becher“ an. Sektempfang, Kessler-Sekt, das Stuttgarter Edelgewächs, perfekte Begrüßung durch unseren Vorstand und Würdigung von Olivers 30-jähriger unermüdlicher Tätigkeit für die Rheinoper und die Ballettfreunde, sowie nicht zu vergessen die Begrüßung der neu hinzugekommenen Ballettfreunde, herzlich willkommen. Rein in die gute Stube, freundliche Bedienung, Bier, Wein, Spargel, Rostbraten (heute ist Fleisch mein Gemüse), nette Gespräche, ein perfekter Abend. In der Hotelbar noch ein letztes Bier, von einem sich verausgabenden Pianoplayer berieselt. Ab ins Bett und traumlos dahingesunken.
Samstag 06.05.
Traumwetter, der Herrgott meints gut mit uns. Frühaufsteher (Kompliment) gehen zur Jugendstil-Markthalle und bekommen ein Fest für Auge und Nase geboten. Schmankerln aus aller Herren Länder lassen das Wasser im Munde zusammenlaufen. Die Längerschläfer kommen direkt zur John Cranko Schule. Eine spannende Architektur, die stufenweise 22 Höhenmeter überbrückt, innen Waschbetonwände schmucklos gehalten, damit nichts die Konzentration der Balletttänze-rinnen und Tänzer stört. Diese bildlose Ruhe tut gut. 6000 qm Übungsfläche incl. einem Saal in Originalbühnengröße. Ein angeschlossenes Internat zieht den Tanznachwuchs an. Das Gebäude ideal ausgestattet für die Förderung und Pflege von Spitzenkunst, die in Stuttgart geboten wird. Einführung durch die Dramaturgin des Balletts in die Philosophie Crankos, die Schule, das Ballett und in den kommenden Ballettabend. Gekonntfreundlich, umfassend, perfekt, Dank an Vivien Arnold.
Freizeit, die Ballettfreunde zerstreuen sich, jeder geht seinen mittäglichen Präferenzen nach.
Pünktlich 18 Uhr, auf geht’s aufgebrezelt zur Oper, John Crankos „Der Widerspenstigen Zähmung“. Vorfreude, heute gibt’s Klassik pur. Treffen vor der Oper am abendlichen See, schön. Großartige Plätze nahe der Bühne, Musik von Kurt-Heinz Stolze nach Domenico Scarlatti erklingt und ein Feuerwerk an klassischer Spitzenkunst erfreut unsere Augen.
In der Pause Sektempfang mit Canapés, im wunderschönen Saal, köstlich. Birgit Keil aus Mannheim und der Stuttgarter Ballettintendant geben uns auch die Ehre. Das Ballett, für manche gewöhnungsbedürftig, da wir mit der Ära Schläpfer und Volpi sukzessive ans moderne Ballett herangeführt wurden. Für uns war’s schön, tat der Seele gut und schwingt noch lange nach. Die Unermüdlichen gehen in Carls Brauhaus oberhalb des Sees und lassen den Abend im Brauereikolorit ausklingen, andere sitzen auf der kühlen Hotelterrasse bei einem Absackerplausch und manche gehen sogar postwendend in die Heia. Gute Nacht.
Sonntag 07.05.
Auf bekannten Wanderwegen zum Kunstmuseum am Schlossplatz und abgetaucht in die Moderne, die Zukunft. Künstliche Intelligenz – KI von Künstlern interpretiert, spannend, zukunftsweisend, auch Staunen und Ängste hervorrufend. Mensch – Maschinenmensch, wer lernt irgend-wann von wem, wer wird selbständig agieren, wer bleibt noch selbständig, wer passt auf wen auf, damit ethische Grenzen nicht übersprungen werden? Fragen über Fragen. Eine freundlich-kompetente Begleitung führt uns in das Thema ein, ohne sie wäre es schwierig geworden.
Ein Lichtblick, Maschinenmenschen haben keine Empathie, keine Gefühle, keine Kompetenz. Sobald zur Lösung Initiative, Kreativität, Fantasie benötigt wird, schwindet der Eindruck, dass (allein) Maschinen Probleme lösen könnten zusehends. Ganz einfach, Wissen ist ohne Können nichts wert und umgekehrt. Ob es einmal darauf hinausläuft, dass KI in Form freundlich drein-glotzender Plastikroboter zum dienstbaren Geist wird, oder ob die Menschheit von Terminatoren eins auf die Mütze bekommt. Was einmal wird, kann niemand wissen. Was man hingegen wissen kann, ist, dass viel Wissen zwar beeindrucken (verängstigen) mag, ohne passendes Problem aber unnütz ist, wie der Stadtplan von Düsseldorf in Stuttgart. Bitte nicht von meiner Meinung irritieren und an der Zukunft zweifeln lassen.
Verdiente Freizeit danach, das alles muss erst einmal verarbeitet werden, am besten bei einem schmackhaften Mittagsmahl, denn essen und trinken hält Leib und Seele zusammen (bei Menschen!).
Hotel, ruhige Pause, dann geht es, mit Koffer und Regenschirm bewehrt zum Bahnhof. Museum im Turm mit Videos und Erklärungen zum Bau des Bahnhofs und der neuen Trasse. Bahnsteig, zugig kalt, jetzt zeigt uns der Himmel mal die rauhe Seite. Im gemütlich warmen Zug dahinträumen von den Erlebnissen der letzten Tage, die einem doch immer wieder ein Lächeln auf die Lippen zaubern. Düsseldorf, Tschüss, vielen Dank, schön wars wieder und perfekt organisiert von Eva und Oliver vielen herzlichen Dank dafür. Ach ja, bis kommenden Samstag natürlich zum Frühlingsausflug der Ballettfreunde.
Düsseldorf 10.05.2023
Eva und Rudolf Pospischil