Ein Gespräch mit Eva Zamazalová

Ballettunterricht in Zeiten von Corona

Das Ballett am Rhein bietet seit Jahren in den Studios des Balletthauses Unterricht für interessierte und talentierte Schüler*innen an. Nach einer Aufnahmeprüfung können Kinder und Jugendliche zwischen sieben und sechszehn Jahren hier erste Tanzerfahrungen machen und bekommen eine solide Vorausausbildung in der Ballettkunst.

Der Ballettunterricht wird seit der Spielzeit 2020/2021 von Damiano Pettenella als Leitendem Ballettpädagogen geführt. Für den Unterricht stehen seit Jahren die erfahrenen Ballettpädagoginnen (und ehemaligen Tänzerinnen des Ballett am Rhein) Young Soon Hue und Eva Zamazalová zur Verfügung. Zur Verstärkung des Teams und zur Realisierung neuer Unterrichtsansätze haben Demis Volpi und Damiano Pettenella zusätzlich Malou Airaudo (aus dem Pina Bausch Ensemble) und deren Tochter Thusnelda Mercy für den Modern Dance und Farid Baroug alias Joker für den neu eingerichteten HipHop-Unterricht engagiert.

Mehr als fünfzig Schüler*innen werden in vier Gruppen von Young Soon und Eva unterrichtet.

Was hat sich durch Corona beim Unterricht geändert?

Die vielfältigen Einschränkungen, die durch die Corona-Pandemie verursacht werden, stellten Damiano Pettenella und sein Team vor neue Herausforderungen. Der Unterricht für die Schüler*innen musste komplett neu strukturiert und – seit November – auf Unterricht per Zoom umgestellt werden. Wir sprachen darüber mit Eva Zamazalová.

Die erste Welle:

Eva: „Wir mussten im Frühjahr 2020 von einem Tag auf den anderen den Unterricht im Balletthaus stoppen. Das war für alle sehr hart. Wir hofften, dass es nach ein paar Wochen normal weitergehen könnte, aber der Lockdown dauerte länger. Wir haben dann Mitte April 2020 angefangen, den Ballettunterricht über das Internet auf Zoom umzustellen. Das ging bis zu den Sommerferien. Nach den Ferien kamen die Lockerungen und war es möglich, den Präsenzunterricht wieder aufzunehmen. Dabei mussten wir die strengen Hygieneauflagen natürlich einhalten.“

Das bedeutet zum Beispiel, dass die Schüler*innen schon in ihrer Ballettkleidung und mit Mund-Nasen-Maske ins Balletthaus kommen und sich die Hände am Eingang desinfizieren mussten. Von den Pädagoginnen wurden sie dann - natürlich unter Einhaltung der Abstandsregeln - in die Garderoben begleitet, in denen für jedes Kind eine eigene Plastikbox zur Ablage der Jacke bereitstand. Die Masken durften erst im Ballettstudio abgelegt werden.

Eva: „Die Tänze, die ich im Frühjahr choreographiert hatte, konnte ich unter Coronabedingungen leider nicht weiter einstudieren. Ich glaube, dass wir trotz der vielen Beschränkungen alle glücklich waren, uns wiederzusehen und miteinander arbeiten zu können. Natürlich mussten die Abläufe geübt werden, obwohl die Kinder schon von ihrem Schulunterricht gewisse Erfahrungen mitbrachten. Während des Trainings immer einen Abstand von zwei Metern einzuhalten, ist allerdings nicht nur für Kinder sehr schwierig. Ich musste häufig erinnern, wie weit ein solcher Abstand ist. Insgesamt hat das nach meiner Einschätzung sehr gut funktioniert. Die Kinder waren wirklich diszipliniert und hatten ein Gespür dafür, wie wichtig es ist, die Regeln einzuhalten.“

Die zweite Welle:

Ab November und dem Beginn der zweiten Coronawelle ist der Präsenzunterricht im Studio erneut nicht mehr möglich. Deshalb unterrichten die Lehrerinnen heute wieder per Zoom, d.h. Eva steht im Ballettstudio vor einer Kamera, die das Bild via Internet auf die Laptops, Tablets oder Smartphones der Kinder überträgt. Die Kinder sind Zuhause und müssen sich dort einen geeigneten Ort für den Unterricht suchen. Das ist natürlich nicht in allen Wohnungen einfach.

Da heutzutage diese Geräte mit Kameras ausgestattet sind, kann Eva auf ihrem Monitor die Kinder sehen und bei Bedarf die Bilder einzelner Schüler*innen vergrößern, um Bewegungsabläufe zu kontrollieren und zu korrigieren.

Eva: „Die Arbeit ist auch für mich als Lehrerin schwieriger geworden. Beim „normalen“ Unterricht kann ich helfend eingreifen bei der Körperhaltung, kann oft mit meinen Händen besser verdeutlichen als mit Worten, wo ein Fehler ist. Inzwischen haben wir uns an das Arbeiten mit Zoom gewöhnt und es funktioniert relativ gut. Ich musste lernen, die Kinder auf einem Monitor im Blick zu behalten. Dann gibt es manchmal auch technische Schwierigkeiten, wenn die Internetverbindung zu einem Kind kurz abbricht, das Bild einfriert oder die Musik plötzlich ausfällt. Ich habe die Kinder ermutigt, dann einfach weiter zu trainieren und sich nicht davon beeinträchtigen zu lassen.

Ich sehe nicht immer den ganzen Körper, manchmal sehe ich nur den Oberkörper oder nur die Beine, je nachdem wie die Kinder die Kamera eingestellt haben. Aber auch das ist kein unlösbares Problem. Die Gefahr liegt vielmehr darin, dass sich die Kinder Zuhause an eine falsche Bewegung oder Haltung gewöhnen könnten. Aber nach meiner Erfahrung reagieren die Kinder sehr gut auf meine Korrekturen.“

Die Probleme des Trainings Zuhause:

Natürlich ist das Training in einem Kinderzimmer, einem Wohnzimmer oder im Wohnungsflur nicht vergleichbar mit den Möglichkeiten, die der Ballettsaal bietet. So muss statt der Ballettstange ein Stuhl herhalten.

Eva: „An der Stange meide ich Bewegungen mit Schritten nach vorne oder nach hinten. Sonst müssten die Kinder dabei den Stuhl mitschieben oder ohne Hilfe des Stuhles trainieren. Auch wenn die Beine hochgehen, sage ich vorher, dass die Kinder prüfen, ob sie genügend Platz haben. Das gilt auch für andere Übungen. Der Bodenbelag in den Wohnungen ist nicht vergleichbar mit dem Belag im Ballettstudio. Deshalb meide ich kompliziertere Drehungen, weil man auf einem glatten Boden dabei die Balance verlieren kann. Auch Sprünge trainiere ich vorsichtig und nur sehr eingeschränkt. Ich habe das Training auf die Möglichkeiten des Zoom-Unterrichts umgestellt. Ich mache Gleichgewichtsübungen, kleine Schrittfolgen und Dehnungs- und Kraftübungen auf der Matte.“

Ballettunterricht per Internetverbindung ist also nur ein Behelf und kann den Präsenzunterricht im Studio nur teilweise ersetzen. Dennoch sagt Eva:

„Ich hoffe zwar nicht, dass wir das lange machen müssen. Es freut mich aber, dass ich auch beim Zoom-Unterricht Fortschritte erkenne. Es ist schön zu sehen, dass die Kinder weiterkommen. Aber es ist nicht das Gleiche wie das Training im Studio.“

Wie nehmen die Schülerinnen den Unterricht per Video-Schalte an?

„Die Kinder können sich alle auf dem Monitor sehen, wenn sie auf die Galerie-Ansicht klicken. Ich spüre da schon eine gewisse Verbundenheit der Gruppe. Auch wenn jeder bei sich ist, sind wir doch in diesem Moment zusammen, verbunden durch die Liebe zum Tanz.“

Das Gespräch führte Axel Weiss. Fotos: Oliver Königsfeld